Eisberg voraus? Wie Sie die Herausforderungen der digitalen Transformation überwinden
Auch 2019 gewinnt die Digitalisierung in deutschen Unternehmen nicht an Fahrt – bei nur 20 Prozent steht dies auf der Agenda. Zeit, den Eisberg näher zu betrachten, an den sich offensichtlich die übrigen 80 Prozent nicht herantrauen und aufzuzeigen, wie Sie die Herausforderungen überwinden.
Die Beobachtung, dass die Digitalisierung seit einigen Jahren nicht so schnell vorankommt, stellt wie bei einem Eisberg den sichtbaren, über der Wasseroberfläche liegenden Teil dar. Was befindet sich unter der Wasseroberfläche? Was sind die darunterliegenden Gründe? Im Jahr 2019 gehen nur 20 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Deutschland die digitale Transformation an. Es ist an der Zeit, einmal die Herausforderungen zu betrachten, die offensichtlich die übrigen 80 Prozent an der digitalen Transformation hindern – und aufzuzeigen, wie Sie die Herausforderungen überwinden können.
In den seltensten Fällen resultieren die Herausforderungen aus der Verfügbarkeit von IT-Lösungen (Technologie), sondern in der Regel aus internen Faktoren. Interessant ist hierbei, dass Unternehmen aller Größenordnungen, Mittelstand und Konzernunternehmen vor diesen Herausforderungen stehen. Dass es tieferliegende Herausforderungen gibt, zeigt sich oft an vielen Stellen: Sinnvolle Funktionalitäten von eingeführten IT-Systemen werden in der Praxis nicht genutzt, einige Mitarbeiter arbeiten digital, andere nicht, das Top-Management selbst lebt die Digitalisierung nicht vor, es gibt digitalisierte Inseln im Unternehmen, aber keine durchgehenden digitalen Prozesse – geschweige denn eine digitale Transformationsstrategie und -vision.
Die häufigsten Probleme, die Unternehmen bei der digitalen Transformation haben, sind folgende:
- Fehlende digitale Transformationsstrategie und -vision
- Fehlende Fähigkeit, die digitale Transformation zu leiten
- Überkommene Geschäftsmodelle und Prozesse
- Widerstand der Mitarbeiter
- Unflexible Technologie
- Begrenztheit von Budget und Zeit
1. Fehlende digitale Transformations-Strategie und -Vision
Weniger als die Hälfte aller Unternehmen hat eine Vision und Strategie für die digitale Transformation. Oftmals herrscht auch die irrige Meinung vor, es handle sich um ein IT-Thema. Tatsächlich geht es nämlich um etwas Größeres, nämlich einen grundlegenden und fortlaufenden Veränderungsprozess.
Unternehmen, die erfolgreich die digitale Transformation gemeistert haben, haben eine klare Vision dazu entwickelt, wie sie die digitalen Anforderungen ihrer Kunden und anderen Stakeholder erfüllen. Voraussetzung für die digitale Transformation sind eine Vision, die den idealen Zustand in der (digitalen) Zukunft beschreibt, eine Mission, die festlegt, auf welche Art und Weise das Unternehmen seine Vision erreichen möchte, und eine Strategie. Eine Strategie ist ein Konzept, durch das das Unternehmen auf Basis einer längerfristigen Betrachtungsweise einen klaren Wettbewerbsvorteil entwickelt, der auf klaren Unterscheidungsmerkmalen beruht.
Danach haben sie sich messbare Ziele gesetzt, wie sie – oftmals über mehrere Jahre – diese Vision erreichen. Was messbare Ziele sind, hängt von Ihrer Strategie ab; es können zum Beispiel die Anzahl der Kunden oder Lieferanten sein, die Durchlaufzeiten von Prozessen, die Qualität, die Anzahl der benötigen Mitarbeiter oder Finanzkennzahlen wie die erzielte Kostensenkung im Unternehmen, die Umsatzerlöse, das betriebliche Ergebnis, der Jahresüberschuss oder der operative Cash Flow.
So überwinden Sie dieses Hindernis
- Machen Sie eine Bestandsaufnahme. Analysieren Sie Ihre Marke, Ihre Kunden, Lieferanten und Wettbewerber und die Talente Ihrer Organisation
- Analysieren Sie den Markt, um zu verstehen, was die unerfüllten Wünsche Ihrer Kunden sind
- Entwickeln Sie für Ihre kundenorientierte digitale Zukunft eine Vision, Mission, Strategie und Ziele. Beziehen Sie in diesen Prozess nicht nur das Management, sondern auch Ihre Kunden, Mitarbeiter und Lieferanten ein. Hilfreich ist es nach unserer Erfahrung, diese Aufgabe durch eine externe Unternehmensberatung strukturieren und unterstützen zu lassen, zum Beispiel ganz konkret bei der Vorbereitung und Durchführung von Workshops und der Zusammenfassung der Ergebnisse.
- Überlegen Sie auch, wie ein solcher Prozess gestaltet werden kann. Nach unserer Erfahrung eignet sich zum Beispiel ein Design-Thinking-Ansatz sehr gut. Hierbei geht es darum, nicht nur eine kundenorientierte, sondern kundenzentrierte Lösung zu entwickeln. Dazu gehört, in Zusammenarbeit mit dem Kunden bzw. Anwender herauszuarbeiten, was seine tatsächlichen Bedarfe sind, also welche Eigenschaften des Produkts ihm den höchsten Nutzen bringen.
- Etablieren Sie einen Prozess, um zukünftig regelmäßig Ideen zu entwickeln, wie Sie zukünftig die Interaktion mit den Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten gestalten wollen.
- Betrachten Sie alle Funktionen des Unternehmens, Einkauf, Produktion, Vertrieb, Controlling usw.
- Seien Sie an der Spitze der technologischen Entwicklung. Dies ist zwar kein Selbstzweck, aber schauen Sie auf dem Markt, welche IT-Lösungen es gibt, die die Anforderungen Ihrer Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter tatsächlich besser erfüllen als Ihre aktuellen Systeme.
- Nutzen Sie bei Bedarf eine externe Beratung.
2. Fehlende Fähigkeit, die digitale Transformation zu leiten
Notwendig ist die richtige Kombination aus Talent und Technologie. Das eine ohne das andere reicht nicht.
Zwischen der oberen Führungsebene und den Mitarbeitern besteht eine deutliche Kluft in der Digital-Affinität: Während 40 Prozent der oberen Führungsebene von einer bereits existierenden digitalen Unternehmenskultur sprechen, sind es bei den übrigen Mitarbeitern nur 27 Prozent.
So überwinden Sie dieses Hindernis:
Wichtig ist, dass der Leiter eines Projekts zur digitalen Transformation allen Beteiligten vermittelt, dass digitale Transformation ein kultureller Wandel ist und zum „Change Management“ gehört. „Der große Moment für ein Unternehmen kommt, wenn es entdeckt, dass die digitale Transformation keine Frage der Technik ist, sondern ein Wandel der Kultur“, so Ian Rogers, Chief Digital Officer bei LVHM, Luis Vuitton SE, dem Branchenführer der Luxusgüterindustrie.
Es geht um den kulturellen und organisatorischen Wandel des gesamten Unternehmens. Da im Rahmen der digitalen Transformation jeder einzelne Mitarbeiter anders als zuvor arbeiten wird, ist sie ein umfassender Veränderungsprozess. Um einen solchen Veränderungsprozess durchzuführen, bedarf es eines professionellen Change Managements, gegebenfalls mit externer Beratung. Entscheidend sind „weiche“ Faktoren wie die Unternehmenskultur und die Qualifizierung der Mitarbeiter. Genauso bedarf es eines organisatorischen Wandels, d.h. einer Anpassung der Prozesse und der Aufbauorganisation mit ihrem Rollen und Verantwortlichkeiten.
Begeistern Sie die Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden frühzeitig von den Vorteilen der digitalen Transformation für sie. Investieren Sie im Rahmen des kulturellen Wandels auch frühzeitig in die digitale Weiterbildung des Managements und der Mitarbeiter. Wenn Sie die Expertise, die digitale Transformation zu leiten, nicht im Unternehmen haben, nutzen Sie diese Gelegenheit, außerhalb nach ihr zu suchen. Nach Abschluss des Projekts ist es wichtig, dass die Unternehmensleitung die Digitalisierung sinnvoll vorlebt und die Mitarbeiter weiterhin begeistert.
3. Überkommene Geschäftsmodelle und Prozesse
Exakt dieselben Prozesse durchzuführen, lediglich digital statt analog, ist keine digitale Transformation. Zum Beispiel haben es eBay und Alibaba geschafft, die größten Einzelhändler der Welt zu werden – ohne überhaupt ein eigenes Lager zu haben. Erfolgreich digital transformierte Unternehmen haben festgestellt, dass sie oftmals das, was sie zuvor verkauft haben, kostenlos anbieten müssen, oder dass Sie etwas als Abonnement anbieten müssen, was zuvor einzeln verkauft wurde. Beispiele im Mittelstand hierfür sind das kostenlose Angebot von Spiegel online im Vergleich zur kostenpflichtigen Print-Ausgabe und der Streamingdienst Spotify, bei dem der Kunde bis zu einem gewissen Grad Musik selbst auswählen und kostenlos hören kann.
So überwinden Sie dieses Hindernis:
Sie können dieses Hindernis durch Flexibilität und Experimentieren überwinden, wozu es freilich der Bereitschaft bedarf, sowohl ein überschaubares Risiko einzugehen, als auch Rückschläge auf dem Weg hinzunehmen. Dies mag etablierte Unternehmen abschrecken, da es eher etwas für Startup-Unternehmen zu sein schein, aber es ist eine Voraussetzung für eine echte digitale Transformation. Ein Blick von außen im Rahmen einer Beratung kann hierbei hilfreich sein.
Digitale Transformation bedeutet freilich nicht immer eine disruptive Veränderung. Möglicherweise können Sie Ihr Geschäftsmodell grundsätzlich beibehalten, haben dann aber den Bedarf, Geschäftsprozesse neu zu justieren. Ein Beispiel für ein solches Business Process Redesign ist die Hamburg Port Authority, die mit Ihrer Lösung „Smartport“ Verkehrsströme, Infrastruktur und Warenströme im Hafen intelligent steuert, indem Sie zum Beispiel LKW-Fahrern in Echtzeit Informationen zu Aufträgen und zur Verkehrslage auf ihr Smartphone sendet.
4. Widerstand der Mitarbeiter
Nur die wenigsten Menschen mögen Veränderung. Einige erleben es als spannende Herausforderung, neue Probleme zu lösen und Neues zu lernen. Für die meisten aber bedeutet Veränderung ein Infragestellen ihrer Rolle und Identität und schlimmstenfalls den Verlust von Sicherheit und ihres Arbeitsplatzes. Tatsächlich gilt aber auch für diese, dass, sich nicht zu verändern, mit deutlich mehr Risiken verbunden ist, als sich der Veränderung zu stellen.
Der Widerstand gegen die Veränderung manifestiert sich auf vielfältige Art und Weise.
Projekte zur digitalen Transformation können Schwierigkeiten haben, Projekt-Mitarbeiter, Budget und interne Werbung zu erhalten. Es wird verlangt, dass ein bestimmter Return on Investment (RoI) mit einem übermäßigen Maß an Sicherheit erreicht wird. Entscheidungsvorlagen für solche Projekte werden durch endlose Überarbeitungsrunden und Reviews geschickt.
Wenn einmal die digitale Technologie implementiert ist, werden weitere Formen des Widerstands sichtbar. Es gibt Mitarbeiter, die sie schlicht ignorieren. Andere Mitarbeiter wenden sie formell an, nutzen aber ihre zusätzlichen Möglichkeiten nicht und führen die alten Prozesse fort. Wieder andere suchen Fehler und Schwächen der neuen Technologie und versuchen, sie nachträglich zu diskreditieren.
Ein prominentes Beispiel ist das bekannte Unternehmen Kodak. Zwar erfand Kodak die Digitalkamera. Aufgrund interner Widerstände begrub Kodak sie jedoch wieder, da sie das angestammte Geschäft mit analogen Filmen bedrohte. 2012 stellte Kodak einen Insolvenzantrag.
So überwinden Sie dieses Hindernis:
Auch wenn es nicht möglich ist, Bedenken der Mitarbeiter und Führungskräfte vollständig zu beseitigen, so kann man sie doch mildern. Dies gelingt, indem sie sie bereits vor Beginn des Projekts und während des Projekts kontinuierlich und konsistent informieren. Zudem ist es wichtig, dass Sie die Mitarbeiter befähigen, so dass Sie an dem digitalen Arbeitsplatz einen Wertbeitrag leisten können. Bieten Sie Ihnen Unterstüzung und Beratung an. Wenn Sie Ihnen zeigen können, was auf dem Spiel steht und wie die Zukunft nach der digitalen Transformation aussehen wird, können Sie ein Feuer in ihnen entzünden.
5. Unflexible Technologie
Unternehmen, die versuchen, flexible und digitale Erfahrung auf veralteter Technologie aufzusetzen, kämpfen gegen Windmühlen.
So überwinden Sie dieses Hindernis:
Erfolgreiche digitale Transformation erfolgt in Iterationsschritten, d.h. erfolgreiche digitale Transformationsprojekte wenden agile Methode an. Zum Beispiel erhalten im Rahmen einer agilen Software-Entwicklung zukünftige Anwender bereits während der Entwicklungsphase Teile der Software, sie probieren sie aus und geben den Entwicklern unmittelbar ein Feedback hierzu, das diese bei der weiteren Entwicklung berücksichtigen. Es gibt also eine direkte Kommunikation zwischen Kunden und Entwicklern, ein funktionierendes Produkt steht über einer umfassenden Dokumentation und die echte Zusammenarbeit steht über der Vertragsverhandlung. Der Erfolg der agilen Methode basiert auf einem kunden-zentrierten Ansatz des „Testens und Lernens“.
Oft gehen eingesetzte ERP-Systeme, die alle Geschäfts-Funktionen des Unternehmens abdecken, auf eine Implementierung in den 1990er Jahren zurück. Da dieser Stand laufend weiterentwickelt und angepasst wurde, erscheint es diesen Unternehmen fast unmöglich, das unternehmensweite System durch ein anderes zu ersetzen. Sie nutzen einen „Dinosaurier“.
So überwinden Sie dieses Hindernis:
Diese Unternehmen müssen sich grundsätzlich die Frage stellen, ob sie mit einem Dinosaurier auf Dauer weiterarbeiten wollen, den alten Dinosaurier durch einen neuen Dinosaurier ersetzen, und sich damit wieder an nur einen Hersteller binden, oder eine modernere Lösung anstreben. Dazu kann auch die Nutzung einer Cloud-basierten Plattform gehören. Dies bringt den Vorteil, dass praktisch sofort mit der Nutzung der Plattform begonnen werden kann. Ohne lange Entwicklungsprojekte kann flexibel die neue Technologie eingesetzt werden und es steht mehr Zeit für den erforderlichen kulturellen und organisatorischen Wandel zur Verfügung. Eine Beratung durch externe Unternehmensberater kann hierbei vorteilhaft sein.
6. Begrenztheit von Budget und Zeit
Wäre es nicht schön, unbegrenzte finanzielle Ressourcen und Zeit für die Digitalisierung zu haben? Die Realität sieht natürlich anders aus.
So überwinden Sie dieses Hindernis:
Entwickeln Sie einen Plan, der mehrere Jahre umfasst. Es ist empfehlenswert, die digitale Transformation nicht als Wettrennen zu sehen, sondern realistisch, d.h. in Abhängigkeit der verfügbaren Ressourcen anzugehen. Beachten Sie, dass in der Regel substantielle finanzielle Investitionen und damit verbunden ein hoher zeitlicher und personeller Einsatz notwendig sind.
Der Einsatz Cloud-basierter Plattformen kann hier eine deutliche Entlastung bedeuten – aus monetärer wie personeller Sicht. Zum einen bieten nutzungsabhängige Preismodelle eine Kalkulationssicherheit, ohne das Budget mit hohen Einstiegsinvestitionen zu belasten. Zudem ist der Zeitbedarf für die Implementierung deutlich geringer als bei „on premise“, also vor Ort zu installierenden und zu betreibenden Systemen.
Fazit: Digitale Transformation ist nicht Schwieriges – wenn man sie richtig anpackt. Die Meipor Consulting Group verfügt über langjährige Erfahrung in der erfolgreichen Entwicklung und Umsetzung von Projekten zur digitalen Transformation, bei denen wir Sie in allen drei Aspekten Kultur, Organisation und Technologie unterstützen.